Unter Wasser

Alle Häfen müssen baggern

Ob Bremen, Antwerpen, Rotterdam oder Hamburg – alle Häfen haben eins gemeinsam: Damit die Schiffe ungehindert an- und auslaufen können müssen ständig überschüssige Sedimente gebaggert und verbracht werden. Doch wie machen es die anderen Häfen? Was ist gleich, was anders?

Verbringstellen für Baggergut in der Nordrange. Je größer der Kreis, desto höher die verbrachte Menge. Datenquelle: OSPAR 2015.

Mehr als 100 Millionen Tonnen Sedimente werden jedes Jahr in Europa gebaggert und verbracht. Und weil alle Häfen baggern müssen, stehen wir seit Jahren im engen Kontakt mit den Expertinnen und Experten anderer Häfen. In vielen Projekten arbeiten wir zusammen. Denn obwohl wir auch in Konkurrenz stehen, gibt es doch viele gemeinsame Herausforderungen. Gerade wenn es darum geht, die Hafenbecken und Wasserwege von überschüssigen Sedimenten zu befreien, können wir viel voneinander lernen.

Eine Gemeinsamkeit ist, dass die Sedimente vor dem Baggern auf Schadstoffe untersucht werden müssen. Die EU macht hierfür Vorgaben, die von den Ländern umgesetzt werden. Dabei gilt für alle: Gering belastete Sedimente dürfen und sollen im Gewässer bleiben, höher belastete Sedimente müssen auch in anderen Häfen an Land gebracht werden.

Was mit belasteten Sedimenten passiert, ist jedoch unterschiedlich. Hamburg und Antwerpen behandeln diese in speziellen Anlagen. Dort wird der belastete feinkörnige Schlick vom sauberen Sand getrennt und entwässert. Die METHA in Hamburg war Vorbild für die Behandlungsanlage AMORAS in Antwerpen. In Bremen und auch in Hamburg werden die Sedimente auf speziellen Feldern entwässert. Anschließend wird das Baggergut deponiert oder auch verwertet, etwa im Deichbau oder als Dichtungsmaterial. In Rotterdam kommen belastete Sedimente unbehandelt in den sogenannten Slufter, eine riesige Unterwasserdeponie am Rande der Nordsee.

Filterpressen der AMORAS - Auch in Antwerpen wird belasteter Schlick in einer großtechnischen Anlage behandelt. Vorbild war die METHA in Hamburg.
Was aussieht wie Watt ist tatsächlich hoch belasteter Hafenschlick in einer riesigen Unterwasserdeponie am Rande des Hafens von Rotterdam, dem sogenannten „Slufter“.
Die großen Hopperbagger leisten in den meisten Häfen die Hauptarbeit bei der Wassertiefeninstandhaltung.
In der Ems fahren Schiffe auch durch dünnflüssige Schlickschichten. In einem von den Gezeiten abgesperrten Hafenbereich wird der Schlick mit Saugbaggern sogar künstlich in Schwebe gehalten, statt ihn rauszuholen.

Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass immer das passende Baggergerät eingesetzt werden muss. Um flexibel auf die jeweiligen Anforderungen reagieren zu können, werden die Geräte, insbesondere die großen Hopperbagger von spezialisierten Baggerfirmen gemietet. Allenfalls kleinere Bagger, wie Greiferbagger, Bagger auf Pontons, Spüler oder Schlickeggen werden von den Häfen selbst betrieben, so ist es auch am wirtschaftlichsten.

Peilschiffe, die oft dauerhaft im Einsatz sind, werden von vielen Häfen selbst vorgehalten. Denn, auch das ist eine Gemeinsamkeit: Vor dem Baggern muss gepeilt werden. So wird bestimmt, wo die Tiefen ausreichen und wo überschüssige Sedimente entfernt werden müssen. Auch dabei arbeiten wir mit anderen Häfen zusammen, so in dem Projekt „nautische Tiefe“ mit Rotterdam und Antwerpen bei dem genau bestimmt werden soll, wann eine Schlickschicht gebaggert werden muss, oder wann sie so dünnflüssig ist, dass sie – wie dicker Kakao – noch sicher durchfahren werden kann.

Sind die Sedimente geprüft worden, und sind sie nur gering belastet, werden sie meist mit großen Hopperbaggern aufgenommen und an anderen Stellen wieder ins Gewässer gegeben, so ist es international üblich. Rotterdam nutzt hierfür ein großes Gebiet in der Nordsee, knapp 10 km vor der Küste. Rund 5 Mio. Tonnen jährlich werden hier verbracht. Die Belastung der Sedimente ist sehr ähnlich, wie Baggergut, welches wir zur Tonne E3 in die Nordsee bringen. Dabei betrachtet Rotterdam die Verbringung als nachhaltige Verbesserung, da Sedimente auch vor der holländischen Küste dringend gebraucht werden, um vor dem steigenden Meeresspiegel zu schützen. Auch Antwerpen nutzt Baggergut als Ressource. So werden mit ihm Sandbänke in der Schelde „angefüttert“, was sich günstig auf die Strömungen auswirkt.

Der jahrzehntelange Austausch mit anderen Häfen macht uns deutlich: Hamburg nimmt das Sedimentmanagement besonders ernst und sucht ständig nach verbesserten Lösungen. Bei der Prüfung der Sedimentqualitäten, bei der Untersuchung geeigneter Verbringstellen, beim Umgang mit belastetem Baggergut und bei der kontinuierlichen Überprüfung möglicher Auswirkungen unserer Baggergutverbringung setzen wir weltweit Maßstäbe. Dabei sind wir besonders transparent: Unsere Sedimentanalysen werden kurzfristig auf unseren Internetseiten veröffentlicht, ebenso wie die wissenschaftlichen Monitoringberichte, Auswirkungsprognosen und die jährlichen Berichte über unsere Wassertiefenunterhaltung. Und sollten einmal Informationen fehlen, sind wir für Ihre Fragen da, z.B. über tideblog@hpa.hamburg.de.

Wie die Probenahme und das Baggern im Hafen funktioniert, zeigt auch ein Film der SAT1 Regional Redaktion.