Luftbild eines Naturgebiets mit großer Wasserfläche an der Norderelbe, Sand, Gehölzen
Über Wasser

Flachwassergebiet Kreetsand fertiggestellt: 30 Hektar mehr Tideelbe

Nach rund zehnjähriger Bauzeit hat die HPA das naturnahe Flachwassergebiet Kreetsand fertiggestellt, anderthalbmal so groß wie die Binnenalster. Durch zusätzlichen Flutraum werden die Tideströmungen günstig beeinflusst und der Sedimenthaushalt in der Tideelbe und im Hamburger Hafen entlastet.

Luftbild der Norderelbe bei Kreetsand mit grünen Wiesen, Gehölzen, Deichen und Häusern
Das bereits rückgedeichte Gebiet Kreetsand vor Beginn der Baumaßnehme
Fotomontage einer großen Wasserfläche an der Norderelbe
Fotomontage zur Veranschaulichung des Projektziels (urbanelandschaften)

Die Tideelbe hat über die Jahrhunderte rund 90 Prozent der ehemals überfluteten Fläche verloren. Heute werden diese Flächen überwiegend landwirtschaftlich oder gewerblich genutzt und in vielen Gebieten wohnen Menschen, gut geschützt durch Deiche und Sperrwerke.

Eindeichungen an der Tideelbe
Stand 2006. Quelle: Fachstelle für Geodäsie und Geoinformatik der WSV, zur Verfügung gestellt gemäß GeoNutzV

Die HPA hat der Tideelbe nun ein Stück ihres Raums zurückgegeben. 30 Hektar neue Wasserfläche im ständigen Wechsel von Ebbe und Flut. Sauerstoffreicher Rückzugsort und Brutstätte für viele Fische, potenzieller Nistplatz für den Seeadler. Ein Eldorado für Wasservögel, Amphibien, Auwald und bald sicher auch für den nur an der Elbe beheimateten Schierlings-Wasserfenchel.

Ein Naturgebiet mit Watt und Wasserflächen Weiden und einem blühenden Baum und einem Schwarm Wildgänse
Brandgänse im Anflug auf den neuen Lebensraum

Doch hinter dem Pilotprojekt, steckt mehr als Naturschutz. Durch die jahrhundertelangen Veränderungen und Entwicklungen an der Tideelbe, hat sich der Tidenhub erhöht und die Strömungen zugenommen. Dadurch hat auch die Sedimentation im Hamburger Raum zugenommen, es muss mehr gebaggert werden.

Auch Modellierungen zeigen, gibt man der Tideelbe wieder mehr Raum, kann diesen nachteiligen Entwicklungen entgegengewirkt werden. Andere Ästuare wie die Schelde in den Niederlanden und Belgien oder der Humber in Großbritannien haben bereits große Flächen wieder für die Tide geöffnet. Mit dem Flachwassergebiet Kreetsand als Pilotprojekt, sammeln wir auch für die Tideelbe Erfahrungen, wie durch solche strombaulichen Maßnahmen Verbesserungen für Natur und Sedimentmanagement erzielt werden können.

Das Gebiet Spadenlander Busch/Kreetsand war bereits vor der Baumaßnahme zurückgedeicht. Das ehemalige Spülfeld lag jedoch so hoch, dass es nur sehr selten überflutet wurde.

Das Gebiet Kreetsand war hierfür besonders geeignet, da der Deich im Rahmen einer früheren Maßnahme bereits zurückgesetzt wurde. Für die Anwohnerinnen und Anwohner hinterm Deich änderte sich daher nicht viel. Doch wo heute Wasser und Watten sind, lag vor Baubeginn ein ehemaliges Spülfeld, mit zum Teil hochbelasteten alten Elbesedimenten.

Rund zwei Millionen Kubikmeter Böden mussten daher entfernt werden, zu großen Teilen schonend über den Wasserweg transportiert. Dabei ist ein Großteil des Materials für andere Projekte vorgesehen. Die belasteten Böden hingegen wurden auf Deponien sicher entsorgt. Abschließend wurde die Geländeoberfläche naturnah gestaltet, so dass bereits heute viele Vögel hier Nahrung finden. Und auch ein Schierlings-Wasserfenchel war bereits gewachsen, fiel dann aber einem hungrigen Reh zum Opfer.

Ein Rehkitz auf einer sandigen Fläche mit niedrigem und schütterem Bewuchs
Ein Rehkitz am Rand des Auwalds

Bereits 2009 hatte sich das Projekt als Exzellenz-Projekt im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Hamburg qualifiziert. 2014 wurde dem Projekt in Los Angeles der erste Preis als „Best Practice in Working with Nature“ durch die PIANC verliehen, einer der ältesten weltweit tätigen technisch-wissenschaftlichen Vereinigungen des Hafen- und Wasserstraßenbaus und der Schifffahrt.

Zehn Jahre Bauzeit und knapp 80 Millionen Euro sind ein großer Aufwand. Den Effekt auf die Baggermengen und den Tidenhub werden wir ehrlicherweise nicht von den ohnehin großen jährlichen Schwankungen unterscheiden können. Doch als erstes Projekt dieser Art an der Tideelbe kann Kreetsand wertvolle Erfahrungen für weitere Maßnahmen einer zukünftig ganzheitlichen Entwicklung der Tideelbe liefern. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für die die HPA jetzt den Anfang gemacht hat.

Ein Häuschen mit Holzwänden und einer großen Treppe auf einem Sielhäuschen aus Backstein am Deich
Die Deichbude informiert während der Bauzeit über Tidelandschaften und das Projekt.

Fotostrecke: Baufortschritte 2012 bis 2022

Luftbild eines grünen Gebiets an der Norderelbe mit Deichen Feldern, Grünland und Häusern
2012
2013
Luftbild eines Gebiets an der Norderelbe mit Wasserflächen und Erdbauaktivitäten
2013
Luftbild eines Gebiets an der Norderelbe mit Wasserflächen und Erdbauaktivitäten
2015
2017
Luftbild eines Gebiets an der Norderelbe mit großer Wasserflächen und Erdbauaktivitäten
2017
Luftbild eines Gebiets an der Norderelbe mit großer Wasserflächen und Erdbauaktivitäten
2020
Luftbild eines Gebiets an der Norderelbe mit großer Wasserflächen und Erdbauaktivitäten
2022

Fragen und Antworten zum Flachwassergebiet Kreetsand

 

Das Flachwassergebiet Kreetsand bringt mehrere Vorteile:

  • Die Tideelbe erhält mit 30 Hektar mehr Wasserfläche zusätzlichen Raum, was Strömungen verbessert und die Sedimentmenge reduziert – so wird tendenziell weniger gebaggert.
  • Neue Lebensräume für Fische, Vögel und seltene Pflanzen stärken die Artenvielfalt und fördern den Naturschutz.
  • Kreetsand dient als Vorbild für nachhaltige Entwicklung und liefert wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Projekte an der Tideelbe.

 

  • Bauzeit: ca. 10 Jahre
  • Fläche: 30 Hektar neues Flachwassergebiet
  • Kosten: rund 80 Millionen Euro
  • Maßnahmen: Entfernung von ca. 2 Millionen m³ belasteter Böden und naturnahe Umgestaltung
  • Nutzen: Verbesserung von Tideströmung, Sedimenthaushalt und Biodiversität, neuer Lebensraum für seltene Arten
  • Auszeichnungen: Exzellenzprojekt IBA Hamburg (2009), „Best Practice in Working with Nature“ PIANC (2014)
  • Begleitung: Langfristige wissenschaftliche Beobachtung zur Ableitung von Leitlinien für künftige Projekte

 

 

Das Flachwassergebiet bietet zahlreichen Tier- und Pflanzenarten einen wertvollen Lebensraum. Besonders profitieren viele Fischarten, die dort einen sauerstoffreichen Rückzugsort und wichtige Brutstätten finden. Die neuen Wasser- und Wattflächen sind Anziehungspunkt für Wasservögel wie Brandgänse und Wildgänse, die sie als Rast- und Nahrungsgebiet nutzen. Auch Amphibien finden durch die naturnahe Umgestaltung optimale Bedingungen. Die angrenzenden Auwälder bieten Schutz und Nahrung unter anderem für Rehe und Kleinwild. Zudem ist mit dem Schierlings-Wasserfenchel eine seltene, nur an der Elbe vorkommende Pflanze bereits nachgewiesen worden. Nicht zuletzt entstehen potenzielle Jagdgebiete und Nistplätze für Greifvögel wie den Seeadler.

 

 

Das Projekt ist für die Tideelbe wichtig, weil es verlorene Überflutungsflächen zurückgibt und so die natürliche Dynamik von Ebbe und Flut fördert. Die neuen Wasserflächen verbessern den Sedimenthaushalt, was auch den Aufwand für Baggerarbeiten im Hamburger Hafen tendenziell mindern kann. Gleichzeitig entstehen wertvolle Lebensräume für Fische, Wasservögel und seltene Pflanzen. Kreetsand zeigt als Modellprojekt, wie Naturschutz und ingenieurtechnische Lösungen miteinander verbunden werden können, und liefert wichtige Erkenntnisse für kommende Renaturierungen entlang der Tideelbe.

 

 

Nach dem Entfernen von rund zwei Millionen Kubikmetern Boden wurde die Fläche modelliert und naturnah gestaltet. Heute zeigt sich Kreetsand als abwechslungsreiches Mosaik aus Flachwasserzonen, kleinen Inseln und Sandbänken, jungen Auwäldern, Weiden- und Röhrichtbereichen. Diese Landschaft entwickelt sich nun selbstständig weiter – angetrieben von Ebbe, Flut und natürlicher Dynamik.

 

 

Die Fertigstellung von Kreetsand entlastet den Hamburger Hafen tendenziell, da der neue Flutraum die Tideströmungen begünstigt und die Sedimentablagerungen verringert. Dadurch muss etwas weniger gebaggert werden, was dem Hafenbetrieb und dem Naturhaushalt zugutekommt. Das Projekt liefert zudem wichtige Erkenntnisse für mögliche künftige Maßnahmen an der Tideelbe.

 

 

Kreetsand verbindet beispielhaft Ingenieurtechnik und Naturschutz. Auszeichnungen wie das IBA-Exzellenzprojekt und der PIANC-Preis bestätigen den innovativen Ansatz. Das neue Flachwassergebiet verbessert die Tidedynamik und bietet Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Zugleich liefert das Projekt wertvolle Erfahrungen für das zukünftige Strombau- und Sedimentmanagement entlang der Tideelbe.

 

 

Die HPA wird das Gebiet zusammen mit der jetzt zuständigen BUKEA langfristig ökologisch und hydrologisch begleiten. Ziel ist es, die Wirkungen auf Wasser, Sedimente und Artenvielfalt zu beobachten – und daraus Erkenntnisse für künftige Projekte entlang der Tideelbe abzuleiten. Kreetsand ist der Startpunkt für weitere mögliche Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung der Region.